Fünf Thesen zum IPTV
1) Abschaffung der „500 potentiellen Nutzer“ in § 2 Abs. 3 Nr. 1 RStV. Qualität statt Quantität.
Aus der Abrufbarkeit durch 500 potentielle Nutzer kann eine dem herkömmlichen Rundfunk entsprechenden Breitenwirkung nicht abgeleitet werden. Dies ist eine Frage der Serverkapazität. Die Reichweite ist per se kein sachdienliches Kriterium, da sie kaum effektiv zu messen ist. Die Landesmedienanstalten sind mit Zulassungsprüfungen dieser Art auch mittelfristig überfordert. Selbst wenn man die Zahl erhöhen würde, würde das Kriterium nur die Breite, nicht aber die Wirkung erfassen. Es muss auf die Meinungsrelevanz eines Angebots abgestellt werden. Dies kann sinnvollerweise nur im Wege der nachträglichen Kontrolle geschehen.
2) Zulassungshürden für IPTV abschaffen.
In einer Lizenzierungspflicht für IPTV liegt ein Eingriff in die Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 I, 2 GG. Entscheidend für die Regulierungsbedürftigkeit des Rundfunks ist die Frage, ob er sich an die Allgemeinheit richtet und vor allem das Maß an Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung. Im Internet droht die Gefahr, dass der Rundfunk einzelnen Gruppen ausgeliefert und zur breitenwirksamen Meinungsmanipulation eingesetzt werden könnte, nicht. Die ZDF-Mediathek z. B. nutzen im Schnitt nur 0.0556 % aller weltweiten Zuschauer. Die Frequenzen sind nicht knapp und die Veranstaltung ist (im Vergleich zum herkömmlichen Rundfunk) relativ günstig, die Markteintrittsschwelle ist relativ niedrig – jeder kann potentiell im Internet Rundfunk machen! Die Vielzahl möglicher Sender sprechen ihre spezifischen Nischen an.
3) Anzeigepflicht und nachträgliche Kontrolle statt Hyperregulierung.
IPTV muss von jeder Person – im Rahmen der geltenden Gesetze – zulassungsfrei betrieben werden können. Das heißt, es bedarf einer Institution, die effektiv kontrolliert, ob sich die gemeldeten Anbieter im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften, gerade im Bereich des Strafrechts und des Jugendschutzes bewegen und, falls dem nicht so ist, sanktioniert werden. Gleichzeitig behalten rundfunkrechtliche Grundsätze, wie insbesondere das Rundfunkkonzentrationsrecht, ihre Gültigkeit, d.h. kein Anbieter darf manipulative Meinungsmacht mit der damit verbundenen Missbrauchsgefahr erlangen.
4) IPTV ist international. Dies erfordert eine neue rechtliche Infrastruktur.
IPTV macht nicht an Landesgrenzen halt. Das führt dazu, dass sich der Betreiber in einem lizenzrechtlichen Dschungel bewegt und sich mitunter auch nach diversen verschiedenen Rechtsordnungen zu richten hat. Hier ist es wünschenswert, die Harmonisierung – auch über die europäische Ebene hinaus – voranzutreiben.
5 ) Wettbewerb schafft Vielfalt und Qualität.
Eine Deregulierung und ein fairer Wettbewerb der Anbieter untereinander sind das beste Ordnungsmodell. Neben den rechtlichen müssen allerdings auch die tatsächlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Es gibt kaum Services, die so hohe Bandbreiten wie IPTV erfordern. Der Ausbau der Netze muss dementsprechend vorangetrieben werden. Es ist Aufgabe des Staates, hier zu investieren und Innovation möglich zu machen. Gleichzeitig müssen innovative Finanzierungsmodelle diskutiert werden, bspw. die Nutzung der PC-Abgabe zur Förderung der Belange des IPTV und die Schaffung eines Kulturfonds, paritätisch gespeist von Zuschauern und Internetanbietern.
Deutscher IPTV Verband e.V.
Der Vorstand
Berlin im Dezember 2009
In Zusammenarbeit mit
Dr. Ralph Oliver Graef, LL.M. (NYU) Rechtsanwalt von der Kanzlei
GRAEF Rechtsanwälte