Gastkommentar bei Internet World zum Thema IPTV, WebTV, Secure IPTV

Gastkommentar bei Internet World zum Thema IPTV, WebTV, Secure IPTV

Wenn heute über IPTV gesprochen wird, dann kann leider nicht davon ausgegangen werden, dass alle das gleiche darunter verstehen. So kursieren viele Begriffe um scheinbar immer das gleiche: Internet TV, IPTV, WebTV manchmal auch Next-Generation-Network, neu auch Future TV. Grund genug, etwas Licht ins Begriffswirrwarr zu bringen.

 

Wenn man heute IPTV Tagungen durchführt, sieht man sich gezwungen, immer erst einen Definitionsvorschlag vornehmen zu müssen, in der Hoffnung, dass ein einiger maßen konsistente Definition vorliegt – zumindest für die Zeit der Veranstaltung. Eine unbefriedigende Situation, führt doch der Begriffswirrwar immer wieder zu Missverständnissen und Widersprüchen. Wie zum Beispiel der, dass „IPTV ein Flop ist“, während doch IPTV Angebote wie youtube, zattoo, sevenload und Co sich steigender Zuschauergunst erfreuen. Oder so berichten Studien namhafter Marktforschungsinstitute „IPTV wird ab 2012 von 2,5 Millionen Haushalten genutzt“. Wie kann das sein, wenn doch bereits heute mehr als 24 Millionen Haushalte über einen Breitbandanschluss Internetanschluss verfügen und gemäß jüngster ARD Online Studie 39% davon mindestens einmal am Tag ein Online Video abrufen, das wären 9,36 Millionen, schon heute. Selbst bei vielen Fachjournalisten werden Begriffe wie IPTV, Internet TV, WebTV oder mobile TV und deren Marktzahlen wild durcheinander geworfen. Ganz offenkundig herrscht ein Erklärungsnotstand.

Der geneigte Leser hat es bereits erkannt: wenn IPTV im Zusammenhang von zaghaften Entwicklungssprüngen besprochen wird, dann ist i.d.R. von den Angeboten der Telcos die Rede, die mit geschlossenen Netze ein Premium Angebot offerieren (T-Entertain, Alice und co). Werden hingegen Marktzahlen in 10 oder 100 facher Dimension diskutiert, dann handelt es sich höchstwahrscheinlich um das sehr populäre WebTV.

 

Dieses Definitionsdilemma liegt schlicht an einem Problem. Nämlich dem, dass der Branche ein einordnender Begriff fehlt, der IPTV und WebTV in eine Beziehung setzt. Doch ob nun ein Überbegriff vermisst wird, der beide Technologie subsumiert oder der suchende Übergriff schon mit dem Kürzel IPTV gefunden ist und sich vielmehr um die Suche nach einem geeigneten Begriff für die IPTV Technologie für geschlossene Netze der Telcos dreht, daran streiten sich derzeit die Experten.

 

Und diese Streitigkeiten unter Ingenieuren haben teilweise grabenkampfähnliche Züge, denn an objektive und klare Definitionen fehlt es leidlich.

Selbst die Definition von IPTV der ITU wirft mehr Fragen auf, als dass sie den Sachstand klärt. Denn darin steht „IPTV sind Multimediadienste wie Fernsehen, Video, Audio, Texte, Bilder und Daten, die über IP-basierende Netze übertragen werden und das benötigte Maß an Qualität (QoS), Sicherheit, Interaktivität und Zuverlässigkeit bereitstellen“.

Hilft die Definition, die Frage zu beantworten, ob nun das WebTV ein Kind oder ein Bruder von IPTV ist? Quality of Service, Sicherheit, Zuverlässigkeit, dass sind Eigenschaften die in der Tat ein WWW nicht bieten kann, denn nicht alle Netzknoten und Module werden von einem einzigen Carrier kontrolliert. Man ist vielmehr darauf angewiesen, dass im statistischen Mittel die Übertragungsrate und die Antwortzeiten ausreichend sind.

Doch was wird mit dem „benötigten Maß“ in der Definition der ITU gemeint. Hier bleibt die Definition unbefriedigend unscharf. Denn es ist ja nun auch nicht so, dass dem WebTV eine gewisse Sicherheit und Zuverlässigkeit zuzuschreiben ist. Das „benötigten Maß“ ist dank hervorragender Komprimierungsverfahren und Puffertechniken durchaus vorhanden. Und ist nicht gerade die Popularität einschlägiger Internet Mediatheken und Videoservices wie Apple TV, Maxdome, zattoo und co. der  beste Beweis für das Vorhandensein eines benötigten Maß an „Quality of Service“?

Man kann also durchaus davon ausgehen, dass WebTV eine besondere Spielart des IPTV ist – weder die ureigenste Bedeutung des Akronyms IPTV nämlich „Internet Protokoll TeleVision“ noch die Definition der ITU steht in einem Widerspruch zu dieser Annahme.

 

Doch wie sollte nun der fehlende Spezialbegriff für IPTV für geschlossene Netze lauten? Betrachtet man dafür die Alleinstellungsmerkmale des IPTV der Telcos, so stellt man fest, dass die Sicherheit eine herausragende Eigenschaft ist:

Einerseits ist die gesamte Übertragungskette vom Programmarchiv über Netzknoten und Empfangsgerät bis zum Fernsehbildschirm sichergestellt. Alle IP Knoten können vom Telco überwacht werden (managed service). Anderseits steht ein vom Telco oder andern Gremien kontrolliertes Programm Bouquet bereit (walled garden). Alle angebotenen Inhalte sind vorab vom Telekommunikationsanbieter geprüft. Rechtlich bedenkliche Progammbausteine wird man nicht finden.

 

So liegt es nahe, beim spezifischen IPTV Anwendung der Telcos  von einem Secure IPTV zu sprechen.

 

Mit der Einführung des neuen Begriffs Secure IPTV ist eine Einordnung recht einfach. IPTV ist der Überbegriff von den folgenden IPTV Spielarten:

 

1) Secure IPTV. Der Videoservice wird über ein fest kontrolliertes dem Internet abgeschirmtes paralleles Netz betrieben. Eine SetTopBox oder PC-Karte ist notwendig, um die Videodaten zu empfangen. Eine feste Übertragungsrate kann gewährleistet werden. Die Videoinhalte stehen in einem ebenfalls von Netzbetreiber kontrolliertem Videoarchiv bereit.

 

2) WebTV hingegen ist ein in technischer und inhaltlicher Hinsicht ein unsicheres Medium – mit allen Vor- und Nachteilen.  So ist bei WebTV das Programmangebot nicht von einigen wenigen Instanzen geprüft, sondern setzt sich zusammen aus vielen unabhängigen Anbietern. Die Übertragung der Bewegtbilder geschieht über das Internet, eine feste Übertragungszeit kann letztlich nicht garantiert werden. Mit Hilfe einer Web Server Erweiterung zum Bereitstellen von Videodaten oder Videostreams kann jede Homepage zu einem „TV-Sender“ aufgerüstet werden. Die redaktionelle Auswahl trifft allein der Produzent der Webseite. Der Zuschauer kann sich aus einer Vielzahl von WebTV Angeboten bedienen, er benötigt einzig den Kontakt zum freien Internet und eine adäquate Internetverbindung.

 

Die Konvergenz der beiden IPTV Ausprägungen ist zu wünschen. Das WebTV, das heute noch vorwiegend am PC rezipiert wird, möchte die sogenannten Couch Potatos, die Zuschauer im Wohnzimmer gewinnen. Dazu wird ein WebTV Box benötigt, die im Wohnzimmer zwischen Internet Router und Fernsehbildschirm aufgestellt wird. Dazu müssen ohne Frage noch einige Fragen geklärt werden, so z.B. die, wie die Box standardisiert auf Inhalte von Videoarchiven der Webseiten zugreifen kann (RSS-TV wäre eine Variante) und wie der Nutzer die Millionen von Onlinevideos mit einer einfachen Fernbedienung ansteuern kann.

 

Auf der anderen Seite ist den Anbietern von Secure IPTV zu empfehlen, das Angebot der Videoinhalte zu erweitern, um mit der Vielfalt des WebTV langfristig mithalten zu können. Um das zu erreichen, sollte der Ansatz des Walled Gardens überdacht werden und in Erwägung gezogen werden, die Videoarchive der Telcos für „independendent“ TV-Angebote zu öffnen. Wie die IPTV Produzenten an den IPTV-Einnahmen der Telcos beteiligt werden, sollte in diesem Zusammenhang gleich mit angegangen werden.

 

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